Ovion
Hallo Leute,
es steht bald (also, wenn ich mal wieder Zeit habe, könnte also noch etwas dauern 😉 ) der Umzug meines Hauptrechners auf ein anderes OS an und bisher war der Plan ArchLinux, mit dem ich auf meinem Laptop auch sehr zufrieden bin.
Ich habe mich im Rahmen einiger OS-Experimente nun auch mal BSD zugewandt und soweit meine Recherchen gingen, scheint im Zweifel BSD immer vor Linux empfohlen zu werden (vielleicht habe ich aber auch nur einseitige Quellen erwischt).
Aus diesem Grund würde ich gerne eine (begründete!) Einschätzung haben, welches System sich denn eher anbietet und auch zu meinen unten aufgeführten Punkten. Ich kenne mich mit BSD so gar nicht aus, wäre im Zweifel aber geneigt, mich einzuarbeiten.
Punkte, die ich bisher so gelesen habe, sind folgende:
1) BSD sei Unixartiger, was für BSD spreche. Da habe ich mich dann insbesondere gefragt, was so gut an unixartig sei. Wenn Linux weniger unixartig ist, aber die Dinge mit derselben Effiziens erledigt, was bringt mir dann Unixartigkeit?
2) Für wie problematisch bzw. sinnvoll, praktisch oder auch bedeutungslos haltet ihr das häufig genannte Argument, bei BSD seien Kernel und systemnahe Programme (ich nehme an, gemeint sind die Core Utils) aus einer Hand, während bei Linux Linus den Kernel macht und die Distros die CoreUtils etc. zusammen mit den Softwarepaketen.
3) Welche Vorteile & Nachteile bietet Ports gegenüber pacman & dem ABS? Ist Ports wirklich so viel besser, wie immer behauptet wird? Ich kann mit Arch ja auch alles selbst kompilieren, kann aber, wenn's schnell gehen muss oder ich keine Lust auf compilen habe, Binärpakete verwenden.
4) Wichtig: Wie sieht's mit der Performance aus? Experimentell hat eine frisch aufgesetztes FreeBSD-VM langsamer gebootet als meine schon etwas zugekleisterte Versuchskaninchen-Arch-VM. Wie sieht das mit Performance im laufenden Betrieb aus?
5) Wie schlagen sich die beiden Kernel gegeneinander? Hat einer besondere Vor- oder Nachteile? Und wie wirkt sich das in der Praxis aus?
6) Die Linux-Community (und gerade die Arch-Community, wie ich aus eigener Erfahrung weiß) ist stets sehr hilfsbereit, während die BSD-Community einen laut dem, was ich gelesen habe, schnell auf die Stellen verweist, wo man's nachlesen und selbst machen kann. Spricht für mich eher für Linux.
7) Wie sieht's im Bereich Sicherheit aus?
8) Fallen euch weitere Punkte ein, die ich noch nicht erwähnt habe?
Mir liegt es fern, hier einen welches-OS-ist-besser-Flamewar zu provozieren, ich würde nur gerne eine Einschätzung haben, weil ich von BSD so gar keine Ahnung habe und nicht einschätzen kann, ob Punkte, die ich lese, übermäßig gelobt werden oder gar heruntergespielt werden.
EDIT: Geht mir erstmal primär darum, die beiden OS einigermaßen vergleichen zu können, weil ich gerade von BSD gar keine Ahnung habe, ich kenne quasi nur Schlagworte ohne Inhalt und Begründung.
Danke schonmal!
agaida
Empfehlungen werden so keinen Sinn machen. Ausschlaggebend wird die Zeit sein, die Du investieren müsstest, um Dir selbst ein fundiertes Urteil über beide Systeme erlauben zu können. Ist im Prinzip ganz einfach:
* Was kann ich?
* Was brauch ich?
* Mit welchem System kann ich die beiden obrigen Punkte am besten umsetzen?
* Mit welchen Einschränkungen muss ich auf welchem System leben?
* Welche dieser Einschränkungen ist ein direkter Schuss in die Füsse?
Der direkte Schuss in die Füsse wird vor allem die Einarbeitung und dann die Verfügbarkeit von Software unter dem jeweiligen BSD sein. Irgendwie scheinen ja alle OSse eine Daseinsberechtigung zu haben. Allein die von BSD in meinem privaten und beruflichen Umfeld ist mir noch nicht wirklich bewusst geworden. Sprich: Ich brauche es nicht und es gab noch keine Anforderung, die ich nur mit BSD erledigen konnte.
Ovion
Es geht mir nicht primär um eine Empfehlung, es geht mir mehr darum, dass ich BSD in etwa einschätzen kann (z.B. im Vergleich zu Linux/ArchLinux). Ich weiß halt nahezu gar nichts über BSD und würde dies gerne ändern.
agaida
na ja, mit arch hast Du da schon einige Ähnlichkeiten, wenigstens im init-system. grob könnte man auch das abs als dem port-system recht nahestehend klassifizieren. Die Unterschiede sind dann eher architektonischer Art, und da kann und wird es Probleme geben, was aktuelle Ports angeht. Z.B. der Scherz mit hal, wir verabschieden uns davon und die haben den grade voll portiert. Das gibt dann so kleine Nörgeligkeiten mit aktuellen Desktop Environments. Wenn Du auf distrowatch die neuesten bsd-Releases siehst - da kommt dann auch gerne mal ein Kde 3.x um die Ecke. Die Uhren gehen halt aufgrund der nicht so ausufernden Verbreitung ein wenig langsamer. Wenn man damit leben kann, dann sind bsd-Systeme durchaus eine Alternative. Ich bin da aber zu faul für.
portix
agaida schriebna ja, mit arch hast Du da schon einige Ähnlichkeiten, wenigstens im init-system
Das wird sich aber spätestens dann ändern wenn arch systemd als init-system einführt.
agaide schrieb
Das gibt dann so kleine Nörgeligkeiten mit aktuellen Desktop Environments.
... die es dank systemd in Zukunft wahrscheinlich gar nicht mehr für BSD gibt.
Ovion
Ist systemd in der Benutzung anders? Von wegen andere configs und so? Und ist es besser als die Variante, die Arch einsetzt? Soweit ich gelesen habe, ist es ja als Alternative zu SysVinit entwickelt worden, das Arch gar nicht einsetzt, oder? Ist denn geplant, systemd einzuführen?
open-source greg
Für arch ist es nicht geplant was imo auch gut so ist, BSD bootscripte haben einen einfacheren Aufbau und sind bei weitem nicht so überladen wie systemd.
sysvinit wird übrigens von arch benutzt wenn auch deutlich anders als bei anderen Distris.
Was bei der Entscheidung zwischen einem BSD System und Linux für mich eine große Rolle spielen würde wäre auch die Hardware unterstützung die unter BSD deutlich mehr Probleme macht.
Dirk
Manuel, bist du das? *scnr*
Kinch
Der größste Unterschied zwischen Linux und den meisten BSDen, insbesondere FreeBSD, ist imho der Entwicklungsstil. Linux hat eine sehr agile Entwicklung, dass heißt, da wird schnell mal Zeug reingepackt, dass man cool findet. FreeBSD hat eher eine langsamere, dafür eher ingeneurs-mäßige Entwicklung. Hat alles Vor- und Nachteile. Ich würde mich manchmal auch etwas mehr Weitsicht in der Linux-Entwicklung wünschen, statt alle paar Monaten, APIs und Systemprogramme über den Haufen zu werfen. Na ja. Leider gibts mit FreeBSD teilweise Hardware-Probleme, was die Menge der Verfügbaren Treiber angeht, was den Einsatz doch etwas limitiert.
Dirk Sohler schriebManuel, bist du das? *scnr*
Hab bei dem Titel auch zuerst den Nick kontrollieren müssen.
[gelöscht]
Fand ich sehr interessant:
http://cre.fm/cre048
Hab ich noch nicht gehört aber bestimmt auch interessant:
http://cre.fm/cre105
Starjumper
Ich kenne diese Webseiten, die die Vorzüge eines BSD gegenüber Linux anpreisen sollen.
Sie sind alle veraltet, bringen überwiegend reichlich konstruierte Gründe usw. Das BSD-Fans diese Seiten selbst heutzutage noch immer herauskramen und als letzte Wahrheit verkaufen ist inzwischen arg peinlich.
Meine Meinung, es soll jeder das benutzen was er mag. Fast hätte ich ein FreeBSD als Homeserver eingesetzt, aber dann war mir der Einarbeitsaufwand doch zu groß und es wurde wieder ein Arch Linux. Den Einarbeitungsaufwand sollte man nicht unterschätzen, es ist zwar auch ein Unix-artiges System, aber teilweise doch deutlich anders als Linux. Da ist die BSD affinität von Arch nur sehr relativ.
BSD hat große Vorteile, wenn man ein sehr wartungsarmes System viele Jahre lang einfach durchlaufen lassen möchte. Die Updateflut ist eher sehr gering im Vergleich zu Linux und so ziemlich alles ist stabil und ausgereift. Der exotische Status von BSD !!!kann!!! eine gewisse Sicherheit bieten.
Im Desktopeinsatz macht es nur Sinn, wenn es um reine Surfmaschinen und Schreibmaschinenersatz geht. Ansonsten halt, wenn man ein Fan von BSD ist.
stefanhusmann
Ovion schriebIst systemd in der Benutzung anders?
Ja, sehr.
Ovion schriebVon wegen andere configs und so?
Nicht nur Konfiguration, auch der gesamte Init-Prozess ist völlig anders.
Ovion schriebIst denn geplant, systemd einzuführen?
Ein
Proposal dazu gibt es. Es wird wohl kommen, zumindest als Alternative.
fs4000
stefanhusmann schriebOvion schriebIst denn geplant, systemd einzuführen?
Ein
Proposal dazu gibt es. Es wird wohl kommen, zumindest als Alternative.
Ich setze Systemd seit fast 10 Monaten (damals Version 29) größtenteils ohne Probleme auf meinem Arch System ein. Inzwischen kann ich komplett auf initscripts und sysvinit verzichten, allerdings fehlt dann der Befehl sulogin, was mit util-linux 2.22 behoben werden soll.
Ovion
@Dirk & Kinch
Nene^^
Inwiefern wirkt sich systemd denn vorteilhaft aus? Stabiler? Schneller? Es muss ja einen Grund haben, warum Linux-spezifische Teile genutzt werden.
Zugegebenermaßen finde ich die momentane Variante recht elegant (rc.conf, ggf. rc.local, habe ich noch was vergessen?).
Gibt es eig. Performancevergleiche zwischen BSD & Linux? (Lasst euch von dieser Frage aber nicht von der systemd-Diskussion abhalten, die finde ich sehr interessant!)
@Bruno
Danke für die Links, höre ich beizeiten mal rein.
mannohneschuh
Ich teste zZ auch wieder systemd. Ist ne gewisse Haßliebe. Mit Systemd kann man ziemlich nette Spielereien haben. 'systemctl status' ist zB ein guter Freund von mir. Weil ich im Gegensatz zu rc.d mehr informationen habe (PID, running since) alles was man sonst mit mehreren tools grepen musste. Aber man hat initial einen ziemlich hohen Aufwand weil es so um die 6-10 configs mehr gibt die man anlegen muss. und es wirft auch noch nicht nachvollziehbare Fehler…
fs4000
Systemd kann einfach sehr viel mehr als mit SysVinit möglich ist. Ich versuch mal das Wichtigste zusammenzufassen:
- Bash ist langsam und ruft häufig den ebenfalls langsamen Syscall fork() auf, Systemd besteht aus wenigen C-Programmen und bootet ohne jemals eine Shell gestartet zu haben
- Systemd ist in der Lage Prozesse über cgroups zu überwachen, z.B. kann es screen nach Logout des Users killen, die Initskripte erwarten, dass die PID des Prozesses irgendwo hinterlegt wird
- Socket activation: Dadurch kann Systemd praktisch alle Dienste parallel starten und so etwas wie Cups oder SSH erst dann, wenn benötigt
Army
Ich hab systemd auch mal benutzt und hat auch gut funktioniert, aber die Features, die es mir bietet, sind mir eigentlich total unwichtig. Dann bootet die Kiste halt bisschen schneller ... interessiert mich nicht. Der dritte Punkt, den Matthias aufgeführt hat, ist meiner Meinung nach der schönste, aber so automatisiertes Zeug will ich möglichst nicht auf meinem Rechner haben. Wenn ein Dienst benötigt wird, starte ich ihn selbst!
Ich seh es so, systemd ist für so Distris wie Ubuntu SEHR praktisch, auch wegen dem letzten Punkt, dann muss nicht von vorne herein alles gleich gestartet werden, damit es da ist, sollte der Benutzer mal drucken wollen.
Creshal
> Socket activation: Dadurch kann Systemd praktisch alle Dienste parallel starten und so etwas wie Cups oder SSH erst dann, wenn benötigt
inetd war den Herren wohl zu Mainstream, oder wie?
fs4000
Systemd ist inetd kompatibel, ermöglicht das ganze aber auch über Unix-Sockets und D-Bus.
malte
'n Abend
Ovion schrieb
1) BSD sei Unixartiger, was für BSD spreche. Da habe ich mich dann insbesondere gefragt, was so gut an unixartig sei. Wenn Linux weniger unixartig ist, aber die Dinge mit derselben Effiziens erledigt, was bringt mir dann Unixartigkeit?
Dir (und mir) nix.
Ovion schrieb
2) Für wie problematisch bzw. sinnvoll, praktisch oder auch bedeutungslos haltet ihr das häufig genannte Argument, bei BSD seien Kernel und systemnahe Programme (ich nehme an, gemeint sind die Core Utils) aus einer Hand, während bei Linux Linus den Kernel macht und die Distros die CoreUtils etc. zusammen mit den Softwarepaketen.
Relevanz = Null
Ovion schrieb
3) Welche Vorteile & Nachteile bietet Ports gegenüber pacman & dem ABS? Ist Ports wirklich so viel besser, wie immer behauptet wird? Ich kann mit Arch ja auch alles selbst kompilieren, kann aber, wenn's schnell gehen muss oder ich keine Lust auf compilen habe, Binärpakete verwenden.
Aus Anwendersicht sind beide (in meinen Augen) sehr ähnlich, jedoch sind PKGBUILDs deutlich einfacher zu erstellen.
Ovion schrieb
5) Wie schlagen sich die beiden Kernel gegeneinander? Hat einer besondere Vor- oder Nachteile? Und wie wirkt sich das in der Praxis aus?
Soweit ich weiß hat FreeBSD noch Probleme mit der dynamischen Hardwareerkennung unter X11.
Tipp: Installier' ein Dualbootsystem. Hab ich während meines Umzuges von Ubuntu auf Arch auch benutzt.
mfg
Malte