Dirk Sohler schriebT.M. schriebIch kannte Gnome bevor ich zum ersten Mal Vista sah. In dem Moment, als ich Vista kennenlernte, wurde mir klar: praktisch alles oberflächlich Sichtbare an Gnome ist irgendwie von Vista geklaut, […]
Entweder ist das allerhöchster Sarkasmus, den ich nicht verstehe, oder du bist einfach nur du–… Na ja, du weißt, was ich meine. Aber nur um das noch mal zu rekapitulieren: Das ÄLTERE Gnome, das du VOR Vista gesehen hast, hat das Design vom JÜNGEREN Vista geklaut, dass es zu diesem Zeitpunkt noch nicht gab?
Es gab ja auch vor Vista schon Windowse. Der von mir angesprochene Explorer, die Systemsteuerung und der Task Manager stammen praktisch unverändert aus dem Jahre 95. Genug Zeit für Gnome. Bei Vistas Aero-Oberfläche kann man sich in der Tat nicht ganz sicher sein, wer von wem geklaut hat. Es gab aber von Vista schon lange vorher öffentliche Prototypen und Literatur, damit nämlich das neue Betriebssystem, das ja das neue Flagschiff werden sollte, auch mit passender Software auf den Markt gelangte. (Dass es anders kam, wissen wir heute.)
Man mag es sehen, wie man will. Es hat schon eine ganze Reihe andere Unix-Oberflächen gegeben, seit den 80ern schon, und darunter sehr kreative, die haben nämlich damals Neuland betreten. Man muß fast vermuten, allein ihre Vielzahl hat dazu beigetragen, daß sich keine einzige davon wirklich gehalten hat. Übrig geblieben (mit nennenswerter Verbreitung) sind (abgesehen vom Mac) praktisch nur Gnome und KDE, zwei jüngere, obwohl sie heute auch bereits Jahre auf dem Buckel haben, sowie eine kleine Handvoll Leichtgewichte. (Gibt's noch aktive Nachkömmlinge von BeOS?) Und ich behaupte, vor allem Gnome orientiert sich so auffällig an Windows, daß man an vielen Stellen von Kopieren sprechen kann. Ich vermute sogar, das geschieht absichtlich, nämlich um den Umstieg einfach zu machen.
Das ist nicht unbedingt Kritik. Die Windows-95-Oberfläche, die zehn Jahre bei Microsoft als Standard galt und nicht durch XP, sondern erst durch Vista nennenswert aufgeweicht und verschlimmbessert wurde, war bei ihrer Einführung durchaus ausgereift und brauchbar. (Ich rede vom Bedienkonzept der Oberfläche, nicht vom Betriebssystem und auch nicht von der internen Implementierung.) Sie hat in dem Moment eine ganze Reihe sehr vernünftige Dinge mitgebracht: einheitliche Datei-, Schriftartauswahl- und Drucker-Dialoge, einen (fast) vollständigen Satz an einheitlichen GUI-Controls (später wurden noch einige nachgereicht), ein zu diesem Zeitpunkt klares Konzept zur SDI- und MDI-Architektur von Anwendungen und einen sehr präzisen Style Guide. (Die Registry gilt heute als anerkannter Flop.) Viele Dinge entstammten bereits Windows 3.1, wurden aber grundlegend überarbeitet und vereinheitlicht. Sich da dran zu orientieren, ist durchaus keine Schande, aber eben auch keine kreative Leistung.